P. Manfred Hörhammer, der bei der Gedenkfeier im Jahr 1986 geehrt wurde

Er war ein Genie der Freundschaft

Gedenkfeier für P. Manfred Hörhammer ofm.cap. in der Katholischen Akademie in München

"Er war ein Genie der Freundschaft'. Gleich zwei Redner gebrauchten bei einer Gedenkfeier für P.Manfred Hörhammer OFM.Cap. in der Katholischen Akademie in München diese Formulierung, um den im August des vergangenen Jahres kurz vor seinem 80. Geburtstag verstorbenen Kapuziner zu charakterisieren. Und Paula Linhart, die sich zum engsten Freundeskreis des Pax­Christi-Mitbegründers und Ökumene-Pioniers zählen durfte, zitierte P.Manfred mit der Aussage, die er an seinem 70.Geburtstag gemacht hat, er habe fast sein ganzes Leben unter Freunden zugebracht und das sei sein größtes Glück gewesen.

Über 160 dieser seiner Freunde, unter ihnen der Münchner Regionalbischof Dr.Ernst Tewes, waren gekommen, um einen charismatischen Priester und Ordensmann, einen Mann der Ökumene, einen Pionier des Friedens und der Völkerverständigung, einen eindringlichen Prediger und einfühlsamen Seelsorger zu ehren. "Ich habe in meinem Leben in mehr als 500 Töpfen gekocht, hat P.Manfred einmal über sich selbst gesagt. Es war unmöglich, einen Blick in alle diese Töpfe zu werfen, um in dieser Feierstunde dem Verstorbenen voll gerecht zu werden. Aber den Rednern gelang es, nocheinmal etwas von dem Geist und der Ausstrahlung des P.Manfred, die allen seinen Freunden vertraut waren, lebendig werden zu lassen.

Der ehemalige Pax-Christi-Präsident und Limburger Weihbischof Walther Kampe erklärte in dem der Gedenkfeier vorausgegangenen Gottesdienst unter Hinweis auf Hörhammers deutsch-französische Herkunft - seine Mutter war Französin, der Vater ein Münchner - : "Er hat aus dem Erbe zweier Kernnationen dieses Kontinents sein Herzblut für Frieden und Verständigung aus dem Geist Christi gegeben." Der Inhalt eines Rundbriefes des Papstes, der vor kurzem den Präsidenten der europäischen Bischofskonferenzen zugegangen sei, decke sich nach Kampes Worten weithin mit dem, was P.Manfred angestrebt habe. Er sei in seinem ganzen Leben ein Pionier des Gedankens der Neu-Evangelisierung Europas gewesen, wobei er sich nicht nur nach Westen orientiert habe, sondern auch zum Osten hin, den er während des Kriegs als Sanitätssoldat kennengelernt habe.

Die Verbundenheit mit der Katholischen Akademie, in deren unmittelbarer Nachbarschaft in der Mandlstraße P.Hörhammer 1905 das Licht der Welt erblickt hatte - natürlich lange vor dem Entstehen dieser von Kardinal Wendel gegründeten Einrichtung - hob Akademiedirektor Dr.Franz Henrich hervor. Besonders mit dem heute zur Akademie gehörenden Schlößchen Suresne verband P.Manfred frühe Kindheits- und Jugenderinnerungen. War es doch einer der Schauplätze der Revolution von 1918, die der damals 13jährige aus unmittelbarer Nähe miterlebte. Daß dieses Schlößchen heute die Bibliothek von Romano Guardini, einem seiner geistigen Väter und engsten Freunde, birgt, erfüllte ihn immer mit großer Freude. Hinzu kam die Freundschaft mit Franz Henrich, den Hörhammer bereits als kleinen Buben aus der saarländischen Stadt St.Ingbert kannte, in der er vor dem Krieg als Kaplan gewirkt hatte, weshalb er Henrich auch stets liebevoll mit "Francesco" anredete. Mehrere Jahre gehörte P.Manfred auch dem Allgemeinen Rat der Akademie an.

Biographisches, soweit es zur Charakterisierung P.Manfred Hörhammers beitrug, ließ auch Paula Linhart einfließen, die die Gedenkfeier vorbereitet und für den Freundeskreis das Hauptreferat übernommen hatte. Sie erwähnte seine frühe Freundschaft mit dem späteren Physiker Werner Heisenberg, mit dem er das Münchner Maxgymnasium besucht und dem er sich in einer Wandervogel-Gruppe angeschlossen hatte, in der auch drei Söhne des evangelischen Pfarrers der Erlöserkirche mitmachten. Damals "schnupperte er schon den Geist der Jugendbewegung und ökumenischer Freundschaft", bemerkte Paula Linhart. Die Jugendbewegung in der Gestalt des "Quickborn" zog ihn bald in ihren Bann, auch nach seinem Eintritt in den Kapuzinerorden. Seine Primiz feierte er 1929 zeichenhaft auf der Burg Rothenfels, dem geistigen Zentrum des Quickborn. Von 1932-37 war er dann Jugendseelsorger in St.Ingbert im Saarland. Der Krieg sah ihn von 1940 bis 1945 als Sanitätssoldaten an der Ostfront.

Bereits 1938 wurde Manfred Hörhammer Mitglied des Kreises, aus dem 1939 die Una-Sancta-Bewegung München hervorging, der auch der damalige MKKZ-Redakteur Michael Höck angehörte. Die Nazis vermuteten in dieser ersten ökumenischen Bewegung später eine Tarnorganisation der christlichen Kirchen gegen das Regime, weshalb Michael Höck ins KZ mußte und Max Josef Metzger, einer der geistlichen Führer der Bewegung, vom Volksgerichtshof enthauptet wurde. P.Manfred arbeitete bis zuletzt im Una-Sancta-Kreis München mit. "Er war ein begnadeter Mann der Ökumene“, betonte der evangelische Dekan Johannes Strauß als Sprecher des Kreises, "ein Ökumeniker des Lebens und nicht so sehr der Lehre. Was ihn Grenzen überschreiten ließ, war die elementare Bruderschaft, die gar nicht anders konnte, als in den evangelischen Mitchristen Freunde zu sehen."

Am bekanntesten aber wurde P.Manfred Hörhammer als Mitbegründer von Pax Christi, als Generaldelegierter und Geistlicher Beirat des deutschen Zweiges der internationalen katholischen Friedensbewegung. Er hatte nach dem Krieg die Versöhnungsbotschaft, deren geistiger Vater Bischof Theas von Lourdes war, über den Rhein gebracht. Er verstand es, symbolische Zeichen der Buße und Umkehr als Schritte zur Versöhnung zu setzen, als er beispielsweise als erster deutscher in den von der SS zerstörten Ort Oradour ging und dort als Zeichen der Sühne einen Kelch übergab.

"Seine Stärke lag darin, in entscheidenden Situationen seinen Mund zu halten und Zeichen sprechen zu lasen", sagte Rainer Öhlschläger als Sprecher von Pax Christi. Vieles hat P.Manfred angestoßen, im "vorauseilenden Gehorsam" einem seiner Lieblingsworte - vorweggenommen, was später meist von "oben" abgesegnet und Allgemeingut wurde. Er setzte sich für die Kriegsdienstverweigerer ein, bevor sich kirchliche Seelsorge um sie kümmerte; er regte die Gründung eines Hilfswerks für die Dritte Welt an, woraus später Misereor entstand. Und nicht zuletzt war es seine Vorarbeit, die die deutschpolnische Versöhnung und den Briefwechsel der deutschen und polnischen Bischöfe während des Konzils möglich machte. Unermüdlich war er als Pilger für den Frieden in ganz Europa unterwegs. Den Aufwind, den Pax Christi in den letzten Jahren durch die Friedensbewegung erfuhr, betrachtete P. Manfred nicht ohne Skepsis. "Ihr schwätzt zu viel!" tadelte er schon einmal die Vorstandsmitglieder, wenn sie sich in einer Sitzung in endlose Debatten verloren, deren Sinn er nicht mehr einsah. "Friedensschwätzer" konnte er sie dann sogar nennen. Aber er hielt dennoch zu ihnen und ermuntere sie, in der Arbeit für den Frieden und für ein geeintes Europa nicht nachzulassen. "Ihm war bewußt", sagte Weihbischof Kampe in seiner Predigt, "daß Glaube dort wächst, wo gelitten und nicht wo gestritten wird." Das Evangelium und die Gestalt Jesu, die er seinen Zuhörern oft in phantasievoller Exegese lebensnah vermittelte, waren das Zentrum seines Lebens. Ein Neues Testament führte er stets mit sich. Und so ist sein Auftrag an uns, wie Weihbischof Kampe abschließend betonte, "die Neu-Evangelisierung Europas, um den heutigen Menschen die bleibende Heilsbotschaft überzeugend darzustellen und damit Europa seine Seele wiedergewinne und sein Gewissen neu geformt werde."

K.Grüner

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